Wegen der einzigartigen Fähigkeit des Kohlenstoffs, verschiedenste sp‐Hybridisierungen oder Orbitalmischungen auszubilden, kann er in unterschiedlichen komplexen Anionen wie der bekannten Carbodiimideinheit NCN2−, dem bis dato unbekannten CN35−‐Guanidinatanion und dem ebenso neuartigen CN48−‐Orthonitridocarbonat (onc) vorliegen und insofern das Feld bekannter stickstoffbasierter Festkörperverbindungen erweitern. Die beiden letztgenannten komplexen Anionen, bislang noch unbekannt, wurden von uns mittels voraussetzungsfreier Struktursuchverfahren hinsichtlich ihrer Chemie modelliert, so dass wir hier die Existenz der ersten bei Normaldruck mechanisch stabilen wasserstofffreien Guanidinate TCN3 (T=V, Nb, Ta) und Orthonitridocarbonate T′2CN4 (T′=Ti, Zr, Hf) vorhersagen; die letztgenannte Anionenklasse dürfte in festen Lösungen mit den stöchiometrisch gleichen Nitridocarbodiimiden und Nitridoguanidinaten koexistieren. Zudem schlagen wir thermodynamisch günstige exotherme Reaktionen als Richtschnur für ihre Synthesen vor und legen nahe, dass der Zerfall dieser neuen Verbindungen aufgrund vermutlich hoher kinetischer Barrieren (Aufbrechen der C‐N‐Bindung) und durchaus erheblicher Madelungenergien, die die stark geladenen komplexen Ionen stabilisieren, unwahrscheinlich ist. Während chemische Bindungsanalysen eine kovalentere Bindungssituation im neu entdeckten CN48−‐Anion im Vergleich zu NCN2− und CN35− bei artverwandten Verbindungen aufdecken, deuten weitere elektronentheoretische Befunde dieser onc‐Phasen denkbare Anwendungen hinsichtlich ihrer physikochemischen Eigenschaften in den Bereichen der photoelektrochemischen Wasserspaltung sowie der nichtlinearen Optik an.