Die verfügbare Literatur über den Einfluß von Jungianischem Denken über die Theorie und Praxis der Erziehung hinterläßt den Eindruck, daß, obwohl das Werk von Carl Jung und die Analytische Psychologie im Bereich der Bildung viel zu bieten haben, der Jungianische Einfluß bisher gering gewesen ist. Während dies sicherlich in der Vergangenheit wahr gewesen ist, so ist dennoch, etwa in den letzten zehn Jahren, ein erhöhtes wissenschaftliches Interesse an der Erforschung der Frage zu beobachten, wie die Analytische Psychologie den Bereich der Bildung bereichern und inspirieren kann (Mitchell 2005, Mayes 2005, 2007, 2010, Jones et al 2008, Semetsky 2013). Als Erklärung für dieses aufkeimende Interesse an Jung erwähnen einige der zeitgenössischen Autoren, daß die Analytische Psychologie das Potential hat, als Gegengewicht zu fungieren zu den in den westlichen Gesellschaften herrschenden Tendenzen, sich auf meßbare Lernziele und zunehmend standardisierte Verfahren in Lehre und Leistungsbewertung zu fokussieren. Es scheint deswegen angemessen, einen Überblick darüber zu gewinnen, wie die Analytische Psychologie bis jetzt den Bereich der Bildung inspiriert hat und wie sie dies in der Zukunft erfolgreich fortsetzen kann. Zu diesem Zweck ist dieser Beitrag chronologisch aufgebaut, beginnend mit den verschiedenen Phasen von Jungs eigenen Beiträgen zum Bereich Bildung und endend mit späteren Post‐Jungianischen Verwendungen seiner Konzepte und Ideen zum Thema.