Die Covid‐19‐Pandemie stellte eine noch nie dagewesene Belastung für die Lebensmittellieferketten dar. Die landwirtschaftlichen Betriebe sahen sich mit Engpässen im Bereich einiger betriebswirtschaftlicher Input‐Faktoren konfrontiert, insbesondere im Bereich der Saisonarbeitskräfte. Auch die Verarbeitung der landwirtschaftlichen Produkte wurde durch Arbeitskräftemangel und Betriebsstilllegungen, insbesondere in der Fleischverarbeitung, unterbrochen. Der Warenverkehr per Luftfracht, der für Obst und Gemüse wichtig ist, war ernsthaft gestört. Die Nachfrage der Restaurants und der Gastronomie brach ein, während die Nachfrage des Einzelhandels nach Lebensmitteln stark anstieg. Dennoch haben sich die Lieferketten in den Industrieländern bis heute als bemerkenswert widerstandsfähig erwiesen. Die Regale des Lebensmitteleinzelhandels konnten wieder aufgefüllt werden, weil das Horten von Produkten nachließ und weil die Zulieferbetriebe ihre Arbeitszeiten ausgeweitet hatten. Darüber hinaus stockte der Lebensmitteleinzelhandel Personal auf, vereinfachte die Produktpalette und fand alternative Zulieferbetriebe. Diese rasche Erholung wurde durch politische Entscheidungen zur Verkürzung der Wartezeiten an den Grenzen, zur Straffung der Zertifizierungsverfahren und zur Lockerung der Vorschriften für den Handel mit Lebensmitteln erleichtert. Besonders bemerkenswert ist dabei, dass die politischen Entscheidungstragenden bislang eine Wiederholung der Fehler der Lebensmittelpreiskrise von 2007–2008, die durch Exportverbote damals erheblich verschärft wurde, weitgehend vermieden haben. Einige Engpässe bestehen aber nach wie vor und mit der Ausbreitung von Covid‐19 in Lateinamerika könnten sich neue Versorgungsrisiken ergeben. Das insgesamt größte Risiko für die Ernährungssicherheit besteht allerdings nicht in der Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln, sondern in den Einkommensverlusten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Sicherheitsnetze und Nahrungsmittelhilfen sind daher unerlässlich, um einen Anstieg des Hungers, insbesondere in den Entwicklungsländern, zu verhindern.