Die Versorgung schwerer Gelenkverletzungen beim polytraumatisierten Patienten stellt eine besondere Entität dar, da sie komplex und zeitaufwendig ist. Der behandelnde Chirurg muss entscheiden, ob ein Erhaltungsversuch der Extremität indiziert ist und welche Maßnahmen zur Stabilisierung einzuleiten sind. Die Entscheidung zur Amputation sollte vom Allgemeinzustand des Patienten sowie dem Weichteil- und neurovaskulären Status der Extremität abhängig gemacht werden. Score-Systeme können zur Entscheidungshilfe herangezogen werden, die Entscheidung hinsichtlich des Extremitätenerhaltes sollte allerdings immer individuell getroffen werden. Beim Erhaltungsversuch hat sich bei komplexen Gelenkverletzungen des Schwerverletzten ein mehrstufiges operatives Vorgehen etabliert. Im Vordergrund stehen die Sicherstellung einer suffizienten Durchblutung sowie die Sanierung der Weichteile, wobei die Indikation zur Kompartmentspaltung großzügig zu stellen ist. Um einer weiteren Kompromittierung der Weichteile sowie der Durchblutung vorzubeugen, ist eine temporäre Gelenk- und Frakturstabilisierung durchzuführen. Eine definitive operative Versorgung sollte im Zeitraum des 2-wöchigen Fensters erfolgen, d. h. nicht vor dem 5. Tag nach Trauma und günstigerweise innerhalb von 10 Tagen, soweit der Allgemeinzustand des Patienten dieses zulässt.