Fragestellung: Nicht alle Empfehlungen von Leitlinien erheben den gleichen Anspruch auf Geltung. Dies stellt die Evaluation der Anwendung von Empfehlungen vor bisher unbearbeitete Probleme.
Methodik: 142 Hausärzte, die in den Jahren 2001–2003 kontinuierlich an Qualitätszirkeln zur Pharmakotherapie bei den Bezirksstellen der KV Hessen teilgenommen hatten, wurden schriftlich in den Qualitätszirkeln zu 135 Empfehlungen aus acht Leitlinien befragt: „Haben Sie diese Empfehlung angewendet? ja—nein.“ Zu den Ergebnissen der Befragung wurden die 15 Autoren der Leitlinien schriftlich um eine Beurteilung gebeten, welche der Empfehlungen sie „für den Erfolg der Therapie für unverzichtbar, wichtig oder verzichtbar“ hielten.
Ergebnisse: Die Hälfte der Empfehlungen wurde zu > 75% von den Teilnehmern angewendet. Diese Rate wird derzeit international als Schwellenwert für eine ausreichende Anwendung angenommen. Die Autoren hielten diese Empfehlungen zu > 95% für unverzichtbar oder wichtig. 50% der Empfehlungen lagen in der Anwendung z. T. weit unter dem Schwellenwert. Die Autoren hielten eine große Anzahl der letzteren Empfehlungen teils für verzichtbar, teils kamen sie zu keiner übereinstimmenden Beurteilung der hausärztlichen Relevanz.
Schlussfolgerung: Empfehlungen von Leitlinien sollten systematisch gemeinsam von Autoren und Anwendern auf ihren Anspruch auf Verbindlichkeit überprüft werden.