Physikunterricht kann und soll dazu beitragen, naive Sichtweisen auf professionelle Forschung ab- und angemessene Vorstellungen zur „Natur der Naturwissenschaften“ (NdN) aufzubauen. Dieser Prozess wird durch eine Unterrichtsgestaltung unterstützt, welche die explizite und reflexive Auseinandersetzung mit NdN-Themen in wissenschaftsauthentischen Lernumgebungen erfordert. Verschiedene Unterrichtsansätze lassen sich derart gestalten und bis dato ist ungeklärt, welche Vor- oder Nachteile einzelne Ansätze für das Lernen über die NdN aufweisen und warum. Diese Studie vergleicht zwei etablierte Ansätze – den Nachvollzug historischer Forschung und das angeleitete forschende Lernen – anhand zweier an NdN-Inhalten und -Erarbeitungsmethoden identischer Unterrichtsreihen (8 Wochen, Jgst. 8 Gym., N = 58). Vor- und nachunterrichtlich wurden Schülervorstellungen zu ausgewählte Aspekten der NdN mittels Interviews erhoben, ihre Angemessenheit eingeschätzt und divergierende Vorstellungsentwicklungen qualitativ-verstehend untersucht. Weiterhin wurde geprüft, ob beim NdN-Lernen Interaktionseffekte zwischen Unterrichtsansatz und ausgewählten Lernvoraussetzungen auftreten (Selbstkonzept und Fach-/Sachinteresse in Physik und Geschichte sowie Autonomieerleben im jeweiligen Unterricht). Es zeigt sich, dass beide Treatments insgesamt ähnlich starke Lernwirkungen zur NdN hervorrufen. Interaktionseffekte sind nur beim forschenden Unterricht zu beobachten. Auf der Ebene einzelner Themen der NdN divergiert die Vorstellungsentwicklung markant. Dies betrifft vor allem Schülervorstellungen zur Logik des Experimentierens, zu Forschungsmotiven sowie zur sozialen Kontrolle und Vorläufigkeit naturwissenschaftlichen Wissens. Der Artikel stellt dar, wie sich die Deutungsmuster der Lernenden zu diesen Aspekten verschieben und diskutiert, welche Merkmale des jeweiligen Unterrichtsansatzes dabei eine Rolle spielen.