Schlüsselereignisse fesseln die Aufmerksamkeit von Medien und Bevölkerung. Studien haben bereits gezeigt, dass nicht nur über das Schlüsselereignis selbst häufig und detailliert berichtet wird, sondern auch vermehrt über ähnliche Ereignisse, die auf irgendeine Weise mit dem Schlüsselereignis in Verbindung stehen. Wir untersuchten, ob das Schlüsselereignis „Silvesternacht in Köln“ eine substantielle Auswirkung auf die Kriminalitätsberichterstattung der folgenden Monate hatte. Wir vermuteten, dass spezifische Attribute (Ausländer, Migrationshintergrund, Nordafrikaner oder Asylbewerber) in der Kriminalitätsberichterstattung nach „Köln“ häufiger vorkamen. Durch veränderte journalistische Selektionsentscheidungen könnten einerseits mehr Ereignisse mit Tätern dieser Attributkategorien in die Berichterstattung aufgenommen worden sein (Selektion von Ereignissen). Zusätzlich könnte das Schlüsselereignis Selektionsentscheidungen beeinflusst haben, die die Nennung von ausländerspezifischen Attributen begünstigten (Selektion von Ereignismerkmalen). Eine quantitative Inhaltsanalyse der Kriminalitätsberichterstattung konnte eine Zunahme ausländerspezifischer Attribute nachweisen. Die Befunde haben unter anderem im Kontext einer aktuellen, gesellschaftlichen Debatte Bedeutung: Der deutsche Presserat empfiehlt, dass in der Kriminalitätsberichterstattung nur dann die Nationalität der Täter vorkommen sollte, wenn es einen „begründeten Sachbezug“ zur Tat gibt. Die Präsenz ausländerspezifischer Attribute ist bedeutsam, da die wiederholte Rezeption Vorstellungen und Einstellungen von Rezipienten über Ausländer und Asylbewerber und nachfolgend die gesellschaftliche Debatte beeinflussen kann.