Bei einer 67-jährigen Frau mit seit Längerem bestehendem Raynaud-Phänomen wurde vor einem Jahr eine limitierte kutane systemische Sklerodermie (SSc) diagnostiziert. Weitere pathologische Befunde waren geschwollene Finger („puffy fingers“), positive antinukleäre und Anti-Scl-70-Autoantikörper und eine beginnende Lungenfibrose. Die kapillarmikroskopische Untersuchung zeigte ein inhomogenes Muster, d. h. das gleichzeitige Vorhandensein des „frühen Sklerodermiemusters“ mit einzelnen Riesenkapillaren und Hämorrhagien, daneben Zeichen des „aktiven“ Sklerodermiemusters mit hoher Anzahl an Riesenkapillaren und Hämorrhagien, einer gestörten Kapillarverteilung, aber auch Areale eines normalen Musters. Die Nagelfalzkapillarmikrosopie ist ein etabliertes, nichtinvasives Bildgebungsverfahren für die morphologische Auswertung der Kapillaren im Nagelfalzbereich, welches diagnostische Veränderungen bei der Mehrheit der SSc-Patienten aufzeigen kann. Die kapillarmikroskopischen Veränderungen wurden deshalb auch in die überarbeiteten EULAR/ACR-Klassifikationskriterien (European League Against Rheumatism/American College of Rheumatology) für SSc 2013 aufgenommen. Die generalisierte Mikroangiopathie ist ein Kardinalmerkmal der SSc, aber die zugrunde liegende endotheliale Schädigung der Kapillaren variiert in den verschiedenen Kompartimenten des Körpers, manchmal sogar innerhalb desselben Organs. Da typische kapillarmikroskopische Befunde im klinischen Kontext diagnostisch genutzt werden können, sollte dieser Fall des inhomogenen Musters die Kliniker daran erinnern, dass die kapillarmikroskopische Untersuchung von mindestens 8 Fingern bilateral durchgeführt werden sollte (ohne Daumen), um das Vorhandensein aller Arten und Muster pathologischer mikrovaskulärer Veränderungen zu ermitteln und die höchste diagnostische Genauigkeit zu erreichen.