Hintergrund
Der Anteil von Patienten mit funktionellen Bewegungsstörungen (FBS) ist vor allem im neurologischen Fachgebiet relativ hoch. Therapeutische Optionen sind nicht konsequent entwickelt, nicht gut evaluiert und nicht validiert. Die hier vorgestellte Analyse präsentiert erste Daten zu Prävalenz und Therapieansprechen von Patienten mit FBS, die im Rahmen der frührehabilitativen geriatrischen Komplexbehandlung an einer neurologischen Universitätsklinik behandelt wurden.
Methoden
Auf der neurogeriatrischen Station des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein Campus Kiel wurde über den Zeitraum von Juli 2017 bis November 2018 der prozentuale Anteil von Patienten mit FBS bestimmt. Danach wurde in diesen FBS-Patienten die Mobilität („short physical performance battery“, SPPB) sowie die Schwere der Beeinträchtigung der instrumentellen Aktivität des täglichen Lebens (Barthel-Index) bestimmt und mit den Daten der Nicht-FBS-Patienten verglichen.
Ergebnisse
Der Anteil von Patienten mit FBS (N = 19) am Gesamtkollektiv (N = 175) lag bei 11 %. Der Anteil von Frauen lag bei 74 %. Neun der FBS-Patienten hatten zusätzlich die Diagnose einer neurodegenerativen Bewegungsstörung (7 idiopathisches Parkinson-Syndrom, 1 Demenz mit Lewy-Körpern, 1 progressive supranukleäre Blickparese). Bei Aufnahme zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in der SPPB oder im Barthel-Index zwischen FBS- und Nicht-FBS-Patienten. Mit Delta SPPB von +0,3 (1,8) versus +0,4 (1,9; M [SD]; p = 0,83) und Delta Barthel-Index von +19 (15) vs. +18 (17) Punkten (p = 0,83) zeigten sich keine relevanten Unterschiede hinsichtlich Therapieerfolg zwischen FBS und Nicht-FBS.
Schlussfolgerung
Der Anteil von Patienten mit FBS auf einer neurogeriatrischen Station an einer deutschen Universitätsklinik zeigt sich überraschend hoch. Erste Analysen deuten darauf hin, dass FBS-Patienten bei Zuweisung ähnlich schwer betroffen sind wie Nicht-FBS-Patienten und sie von der angebotenen Struktur und Behandlung durch das multidisziplinäre geriatrische Team auch ähnlich effektiv profitieren. Dies ist aufgrund der bestehenden Literatur nicht selbsterklärend und bedarf weiterer wissenschaftlicher Aufarbeitung.