Gegenstand der manuellen Medizin ist die Untersuchung und Behandlung von Dysfunktionen am Bewegungssystem. Die zugrunde liegenden Wirkungsmechanismen werden einerseits in der Nozizeption und Schmerztherapie, aber auch in Störungen im Bewegungssystem mit vorwiegend neurophysiologischen Aspekten gesehen. In diesem Beitrag wird eine Übersicht über Vorgänge im tonischen motorischen Teilsystem gegeben, die bei störenden Einflüssen zu Muskelspannungsänderungen, Haltungsasymmetrien und Schmerzen führen. Nach einer Übersicht zu den tonischen Komponenten der Sensomotorik werden unter dem Aspekt der Neuroplastizität in der spinalen Motorik experimentelle Ergebnisse zur Sensibilisierung und Konditionierung an Motoneuronen und Interneuronen, zur Veränderung der Reflexerregung, zu supraspinaler Einflussnahme und zum Auftreten von Plateaupotenzialen zusammengestellt. Es wird postuliert, dass solche experimentell bestätigten neurophysiologischen Vorgänge beim Menschen zu Muskelspannungsänderungen, Haltungsasymmetrien und sekundär zu Schmerzen führen können. Diese Änderungen werden als Symptome in manualmedizinischen Untersuchungen erfasst. Gleichzeitig sind die gleichen neurophysiologischen Vorgänge im tonischen motorischen System auch Basis für die Erklärung der Wirkung der manuellen Therapie.