Hintergrund
Frühere Studien hatten bei Müttern von Kindern mit Sprachentwicklungsstörung im Vergleich mit der Normalbevölkerung eine größere Häufigkeit von Angst und Depressivität ergeben. In dieser Studie ging es um folgende Fragen: Sind psychische Parameter, nämlich der wahrgenommene Stress, die Angst und die Depressivität, auch bei den Müttern verändert, die neben der Sprachentwicklungsstörung ihres Kindes keinen weiteren belastenden Faktoren ausgesetzt sind? Welche weiteren Faktoren im Umfeld der Familie üben einen Einfluss auf die psychische Situation der Mutter aus?
Probanden/Methoden
Untersucht wurden 90 Mütter im Alter von 32,9±4,7 (21 bis 48) Jahren, deren Vorschulkinder eine Sprachentwicklungsauffälligkeit bei sonst normaler Entwicklung aufwiesen. Angewendet wurden die Perceived Stress Scale (PSS) und die deutsche Version der Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS-D). Die Umfeldbedingungen wurden in einer strukturierten Anamnese erhoben. Die Prädiktoren der psychischen Gesundheit wurden mit der multiplen Regressionsanalyse ermittelt.
Ergebnisse
In der Gesamtstichprobe zeigten sich signifikant erhöhte Stress-, Angst-, und Depressivitätswerte. Im Vergleich zu den Normwerten hatten auch die Mütter, die neben der Sprachentwicklungsstörung ihres Kindes keinen weiteren belastenden Faktoren ausgesetzt waren, signifikant erhöhte Stress-, und Depressivitätswerte, jedoch keine erhöhten Angstwerte. Signifikanter Prädiktor günstiger Werte zur psychischen Gesundheit war die mütterliche Angabe einer subjektiv als ausreichend empfundenen Unterstützung bei der Erziehung des Kindes.
Fazit
In der phoniatrisch-pädaudiologischen Sprechstunde muss mit einer erheblichen Zahl an psychisch relevant beeinträchtigten Müttern gerechnet werden. Die Unterstützung bei der Erziehung des sprachentwicklungsgestörten Kindes erscheint geeignet, das psychische Wohlbefinden der Mütter zu steigern. Dies sollte bei der Planung der Therapie berücksichtigt werden.