Bei über einem Viertel polytraumatisierter Patienten liegt bereits bei der Aufnahme im Schockraum eine Koagulopathie vor. Sie erhöht das Sterblichkeitsrisiko um das 4-fache. Klinisch für die Diagnosestellung am bedeutsamsten ist die Feststellung einer mikrovaskulären Blutung. Wichtigste Labortests sind die Bestimmung von Fibrinogen, aPTT und Quickwert sowie die Thrombelastometrie. Voraussetzung für eine erfolgreiche Gerinnungstherapie sind die schnellstmögliche Stillung von Blutungen sowie die Behandlung der Hypothermie, Azidose und Hypokalziämie. Die anzustrebenden Zielwerte für Thrombozytenzahl, Fibrinogen, Quick und aPTT sind etabliert. Für den optimalen Einsatz der zur Verfügung stehenden Maßnahmen ist die Verwendung eines Transfusions- und Gerinnungsalgorithmus entscheidend, um den Transfusionsbedarf zu reduzieren und das Behandlungsergebnis zu verbessern. Eine Hyperfibrinolyse sollte frühzeitig erkannt werden, da in dieser Situation die alleinige Gabe von Gerinnungsfaktoren ineffektiv ist. Die Fibrinogengabe korrigiert den zuerst kritisch abfallenden Gerinnungsfaktor, verbessert die globalen Gerinnungstests und senkte in einzelnen Studien die Sterblichkeit. Die erforderliche Dosis (3–5 g) kann über eine Formel berechnet werden. Für die Gabe von Frischplasma wird ein Verhältnis zu transfundierten Erythrozytenkonzentraten von 1:1 oder mindestens 20–40 ml/kg empfohlen. Ein klarer Wirksamkeitsnachweis bzgl. des Überlebens konnte bisher nicht geführt werden, Risiken beinhalten eine unzureichende Fibrinogensubstitution und eine transfusionsbedingte Lungenschädigung (TRALI). Die Zielwerte für die Thrombozytengabe hängen von der Blutungsakuität, dem Verletzungsmuster (z. B. Hirnverletzung) und der klinischen Blutungsneigung ab. Der Faktor VIIa bleibt als Off-label-rescue-Therapie Blutungen vorbehalten, die trotz optimierter Rahmenbedingungen und Ausschöpfung der Standardtherapie nicht zu kontrollieren sind.