Infektionen, Entzündungen und Autoimmunprozesse sind von erheblichen Störungen des Wohlbefindens, der beruflichen und sozialen Leistungsfähigkeit, der kognitiven Funktionen und des Verhaltens begleitet. Insbesondere das Schlaf-Wach-Verhalten reagiert auf immunologische Prozesse sehr sensitiv. In der vorliegenden Übersichtsarbeit wird der gegenwärtige Stand des Wissens zum Einfluss einerseits von Infektionen und andererseits experimenteller Immunmodulation auf Schlaf und Schläfrigkeit beim Menschen dargestellt. Das Wissen über den Schlaf im Rahmen von Infektionen ist spärlich und zum Teil widersprüchlich. In den meisten der experimentellen Studien wurde der Einfluss bakteriellen Endotoxins untersucht, das eine Vielzahl pathophysiologischer Aspekte akuter Infektionen imitiert, einschließlich der Freisetzung inflammatorischer Zytokine. Diese Studien zeigen, dass das menschliche Schlaf-Wach-Verhalten auf eine Aktivierung der primären Wirtsantwort sehr sensibel reagiert. Geringe Mengen Endotoxin, die weder die Körpertemperatur noch neuroendokrine Systeme beeinflussen, aber in diskreter Weise die Freisetzung inflammatorischer Zytokine stimulieren, führen zu einer Zunahme der nonREM-Schlafmenge und Intensität. Größere Mengen Endotoxin hingegen, die prominente febrile Reaktionen induzieren und eine ausgeprägte neuroendokrine Aktivierung, gehen mit einer erheblichen Störung des Nachtschlafes einher. Nach dem gegenwärtigen Wissensstand ist Tumor Nekrose Faktor-α (TNF-α) wahrscheinlich der zentrale Mediator dieser Effekte, wobei es aber wahrscheinlich ist, dass die erhebliche Schlafstörung, die während fieberhafter Wirtsantworten auftritt, auch durch die endokrine Aktivierung mit bedingt ist. Diese experimentelle Datenlage macht es verständlich, warum Infektionen beim Menschen sowohl mit einer Zunahme der Schlafmenge, als auch mit erheblichen Schlafstörungen einher gehen können; denn je nach dem Ausmaß der Wirtsantwort und dem Stadium der Infektion dürfte die Menge an zirkulierenden inflammatorischen Zytokinen und die endokrine Aktivierung sehr unterschiedlich sein. Aus weiteren Humanstudien gibt es erste Hinweise darauf, dass inflammatorische Zytokine wie TNF-α nicht nur die Veränderung des Schlaf-Wach-Verhaltens im Rahmen von Infektionen vermitteln, sondern dass diese Zytokine zudem eine Rolle in der physiologischen Schlafregulation spielen, und dass sie möglicherweise die hypnotische Wirkung bereits etablierter und zugelassener Medikamente mediieren.