Nach der Zeitenwende von 1989/90 gelangte die Geschichte entgegen dem Diktum von Francis Fukuyama doch nicht zu ihrem Ende. Vielmehr war ihre dynamische Fortsetzung durch eine Vielzahl von Krisen und Auseinandersetzungen in praktisch allen Regionen der Welt gekennzeichnet (s. den Beitrag von Pradetto in diesem Band). Es galt, in Asien (Afghanistan, Kambodscha), in Afrika (Namibia, Angola, Mosambik) und in Lateinamerika (El Salvador, Nicaragua) die Folgelasten des Ost-West-Konfliktes zu bewältigen, der Überfall des Irak auf Kuwait machte rasch die Hoffnungen auf eine Welt ohne zwischenstaatliche Kriege zunichte, failed states stellten die internationale Gemeinschaft vor neue Aufgaben und mit dem Zerfall Jugoslawiens schließlich kehrte der Krieg auch nach Europa zurück. Während die meisten dieser — zunehmend innerstaatlichen — Konflikte trotz ihrer geläufigen Etikettierung als ‘neue Kriege’ überwiegend recht traditionelle Ursachen und Verläufe aufwiesen, änderte sich binnen kürzester Zeit die Herangehensweise der Staatenwelt an diese Herausforderungen. Nach Jahrzehnten der Lähmung im Ost-West-Konflikt gerieten die Vereinten Nationen und vor allem ihr Sicherheitsrat wieder ins Zentrum des intemationalen Politikgeschehens. Für eine Zeit sah es so aus, als seien die VN in die greifbare Nähe ihres Gründungszieles gelangt, die Verantwortung für den Frieden in die Hände einer starken Weltorganisation zu legen. Tatsächlich erlangte der Sicherheitsrat durch die Bereitschaft seiner Miff Ständigen Mitglieder, miteinander zu kooperieren, eine bislang nie gekannte Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit.