Hintergrund
Die follikulären Keimzentrumslymphome, nach der Kiel-Klassifikation die CB-CC-Lymphome, bilden aus klinischer Sicht ein umschriebenes und klar abgrenzbares Krankheitsbild. Diese Lymphome sind in frühen und generalisierten Stadien mit der zytostatischen Chemotherapie nicht heilbar. In den frühen Stadien wird die Strahlenbehandlung eingesetzt; bisher ist aber nicht durch prospektive Studien gesichert, ob diese eine kurative Potenz besitz.
Patienten und Methode
Zwischen 1.1.1986 und 31.8.1993 wurden 117 Patienten mit Keimzentrumslymphomen aus 24 Institutionen in die multizentrische prospektive, nichtrandomisierte Therapiestudie eingebracht. Aufgenommen wurden Patienten mit histologisch gesicherten nodalen Keimzentrumslymphomen der Stadien I, II und limitiert III. Die Patienten erhielten eine standardisierte Strahlentherapie, die im Stadium I einer Extended-field-und in den Stadien II und III einer total nodalen Strahlenbehandlung entsprach. Die Strahlendosis pro Fraktion betrug 1,8 bis 2 Gy, im Abdomen 1,5 Gy, die Gesamtdosis adjuvant 26 Gy und bei makroskopischen Lymphomen 36 Gy.
Ergebnisse
Alle Patienten erreichten nach Abschluß ihrer Strahlentherapie eine komplette Remission (mediane Nachbeobachtungszeit: 68 Monate). Die Gesamtüberlebensrate aller in die Studie eingebrachten Patienten beträgt 86±3% nach fünf und acht Jahren. Überlebensraten bei Berücksichtigung des klinischen Stadiums nach fünf und acht Jahren: Stadium I 89% Stadium II 86%, Stadium III 81%. Das Lebensalter hat auf das Überleben einen hochsignifikanten Einfluß. Die Überlebensrate für die >60 Jahre alten Patienten ist 63%, für die <60 jährigen 94% (p <0,0001). Die rezidivfreie Überlebensrate aller Patienten beträgt nach fünf Jahren 70%, nach acht Jahren 60±5%. Die Zahl der Rezidive ist mit 29% nach fünf und 41% nach acht Jahren hoch, alle Rezidive traten innerhalb von sieben Jahren auf. Die Wahrscheinlichkeit von Rezidiven im Bestrahlungsfeld ist 11% und 22% nach fünf und acht Jahren. Ungünstige prognostische Faktoren für die Entstehung eines Rezidivs sind Dosisabweichungen von >20% und Unterbrechungen der Strahlentherapie von ≥7 Tagen. Die Nebenwirkungen der Großfeldbestrahlungen sind moderat.
Schlußfolgerungen
Aufgrund der vorliegenden Daten stellt die Strahlenbehandlung in den Stadien I, II und limitiert III eine Therapieoption mit kurativer Perspektive dar. Sie sollte in Form einer total lymphatischen Strahlentherapie mit Gesamtdosen von 30 Gy adjuvant und mindestens 40 Gy bei vergrößerten Lymphomen durchgeführt werden. Die zahlreichen Rezidive legen die Vermutung nahe, daß sie durch eine Ausdehnung der Strahlenbehandlung auf das gesamte lymphatische System zu vermeiden und in ihrer Häufigkeit zu reduzieren sind.