Hintergrund: Der Begriff "Primäre Durchbruchsstörung" (PFE) bezeichnet den Zustand, dass ein primär nicht ankylosierter Zahn aufgrund einer Störung im Durchbruchsmechanismus selbst nicht oder nur teilweise durchbricht. Die molekulare Basis war bislang jedoch nicht bekannt.
Patienten und Methodik: Im Rahmen einer interdisziplinären klinischen und molekulargenetischen Studie wurden vier Familien untersucht, innerhalb derer mindestens zwei Mitglieder von der non-syndromalen PFE betroffen waren. Die radiologische Diagnostik (OPT) wurde sowohl bei allen klinisch betroffenen Patienten als auch bei nicht betroffenen Verwandten (Kontrollgruppe) durchgeführt. Die genetische Analyse umfasste eine genomweite Kopplungsanalyse sowie eine anschließende DNA-Sequenzierung von Kandidatengenen.
Ergebnisse: Ausgehend von den Index-Patienten konnten in den Familien Stammbäume über zwei bzw. drei Generationen erstellt werden, welche einen Hinweis auf einen autosomal dominanten Vererbungsmodus der PFE ergaben. Bei 15 Patienten wurde die Diagnose PFE gestellt. Die Geschlechtsverteilung war nahezu ausgeglichen (7 weiblich, 8 männlich). Die molekulargenetische Analyse im PTHR1-Gen ergab drei heterozygote Mutationen (c.1050-3C>G; c.543+1G>A; c.463G>T). Nicht betroffene Personen wiesen keine Mutationen auf.
Schlussfolgerung: Das Wissen um die genetische Ursache der non-syndromalen PFE kann nun in der Differentialdiagnostik von Durchbruchsstörungen eingesetzt werden. Sie erlaubt eine frühzeitige Identifizierung betroffener Familienmitglieder und führt möglicherweise langfristig zu neuen Behandlungsmöglichkeiten. Die genetisch verifizierte Diagnose "Primäre Durchbruchsstörung" kann den Patienten und den Kieferorthopäden vor einer jahrelangen frustranen Behandlung schützen, da eine alleinige kieferorthopädische Behandlung nicht zum Erfolg führt und zudem negative Auswirkungen auf nicht betroffene Zähne und Kieferareale besitzt.