Eine der interessanten und ziemlich seltenen Kategorien dev Geweihfunde, die aus dem Gebiet Polens bekannt sind, sind dreiteilige, T-förmige Behälter, die neulich aus dem Gewässer des Lednica Sees (unweit von der westlichen Brücke) in Westpolen herausgezogen wurden. Beide Gegenstände sind analogisch wie die erwähnte Brücke (2. Hälfte des 10. - 1. Halfte des 11. Jh.) datiert. Mit anderen Exemplaren, die aus Siedlungsgruppierungen östlich von Poznań (Krzyżowniki) und aus dem Gebiet von Kalisz stammen, bilden sie die großpolnische Ansammlung dieser Formen und gehören zur Gruppe, die aus 110 Behältern besteht, die auf dem Gebiet des frühmittelalterlichen Europas freigelegt wurden. Diese bisher mit den nomadischen Awaren verbundenen Funde waren im Hirschgeweih ausgehöhlt, dessen Form auf die Grundformen der Funde Einfluss hatte, nämlich Typ: 1. T-förmige Behälter und 2. Y-förmige Gegenstande. T-förmige Exemplare (97 Stuck) waren mehr populär als die Y-förmigen Gegenstände - nur 12 Stück und der letzte Behälter ein vierteiliges Exemplar ist. Die Chronologie beider Typen ist mit dem Zeitraum vom 7 . - 1 3 . Jh. verbunden, T-förmige Formen treten als Ausstattung der nomadischen Männergräber auf - oft sind es Gräber der berittenen Krieger; Y-förmige Gegenstände wurden in die Frauengräber eingelegt. Die frühesten Behälter treten im Gebiet des karpatischen Kaganats von Awaren, genauer gesagt in der Gabelung der Flusse Theiss und Donau (vgl. Abb. 11) auf. Die Ergebnisse der letzten Untersuchungen weisen daraufhin, dass sie genau so früh auch unter den Slawen - am Fluss Olt (Brandgräber in Ocna Sibiului - Rumänien), in Großmähren und etwas später auf dem Adriagebiet, neben den die polnischen Zentren, Gruppierungen an der Havel (z.B. Berlin-Spandau; vgl. Abb. 7) funktionieren oder im Mecklenburg (Abb. 5/2, 3), in Polabien und Kiever Rus’ (Abb. 6), bekannt waren. Außerhalb dieser Gebiete finden wir nur Einzelexemplare, sowohl im Osten als auch im Westen Europas (vgl. Abb. 11 und Katalog). Die Chronologie und Lage der Behälter weisen also deutlich darauf hin, dass deren ältesten Formen, die in Europa freigelegt werden, sowohl mit den Awaren als auch mit den Slawen verbunden sind. Es wurde festgelegt, dass die Awaren diese Gegenstände dank den Hunnen kannten, was unter anderen die letzten Funde bestätigen. Interessante Daten zum Problem der Genese von diesen kleinen Behältern gibt deren Verzierung und genauer gesagt die auf den ältesten Behältern dargestellten Szenen - der Lebensbaum und seine Verehrung (2 Motivtypen). Sie sind eine Transposition der Glauben awarischer Stämme - des Schamanismus, dessen Elemente auch in der Kunst dieser Nomaden funktionierten (vgl. z.B. Abb. 2/1 ). Die Fülle von anderen Ornamentmotiven der Behälter können wir durch Analyse ihrer Verschiedenheit beobachten, die z.B. aus Elementen der Augen-, Flecht- oder Bandverzierung bestehen, welche meistens in verschiedenen Kombinationen auftreten und insgesamt 42 Verzierungstypen bilden. In dieser Verzierungsströmung befinden sich auch polnische Exemplare (Abb. 1/1, 2, 4). Mit dem Einfluss des Christentums können wir die Kreuzzeichen (sichtbare und versteckte - Z.B. in der Augenomamentik - Kreuze), Fische im Netz, Sterne, Drachenkämpfe oder Pflanzenfriese usw. verbinden, die die Behälter verzieren und auf die Möglichkeit weisen, dass manche von ihnen (Exemplare aus Levý Hradec, Erfurt) in der Kirche gebraucht waren. In den bisherigen Studien über diese kleinen Formen zog auch eine Diskussion über deren Funktion hindurch. Unter den Forschem dominierte die Meinung über ihre Nützlichkeitsbestimmung, die allgemein mit der Aufbewahrung der Schüttgüter - der damaligen Genussmittel, also des Salzes oder der Kräuter – verbunden wird. Manche von ihnen sahen in ihnen Futterale oder Behälter für die Heilmittel, Drogenartikel oder Salben. Vielleicht haben die awarischen Krieger in diesen Behältern die damaligen psychotropen Mittel aufbewahrt, die vor dem Kampf oder während der religiösen Feier eingenommen wurden. Es herrscht die Überzeugung, dass sie in der Hüftenhöhe getragen waren. Es bestätigt ihre Lage in den Gräbern und die Überreste von kleinen Ketten, die zu ihrer Befestigung dienten. Wie es der Behälter aus dem Gräberfeld in Wien beweist, waren manche Behälter an die Sattel festgeschnallt. Die Behälter waren mit Stopfen geschlossen. Ein von diesen Stopfen war beweglich (durch die Löcher im Stopfen und im Halskörper ging ein Riemen durch - vgl. Abb. 5/4), die übrigen 2 waren mittels Nieten mit den Behälterarmen fest verbunden Abb. 1/3). Polnische Exemplare der analysierten Funde sind ein interessanter Beitrag zum Problem der Kontakte Großpolens mit dem großmährischen Kreis (Exemplar aus Krzyżowniki) und vielleicht auch sogar zu den potentiellen (etwas späteren) mährischen Inspirationen, bei deren Beteiligung die Funde aus Ostrów Lednicki entstehen konnten. Der Behälter aus Kalisz oder die Funde aus Santok, Opole, Szczecin und Wolin sind eine gute Veranschaulichung, die auf völlig heimliche Abstammung der Behälter hinweist und deren Herstellung höchstwahrscheinlich mit der Hausproduktion verbunden war.