Soziale Ungleichheit im Ernährungsverhalten

Christine Fekete; Simone Weyers

doi:10.1007/s00103-015-2279-2

Soziale Ungleichheit im Ernährungsverhalten
Befundlage, Ursachen und Interventionen
Social inequalities in nutrition
Evidence, causes and interventions

German

English

Christine Fekete, Simone Weyers

Source

Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz > 2016 > 59 > 2 > 197-205

Fehlernährung ist ungesund: Fettleibigkeit, Diabetes Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einzelne Krebsarten und verfrühte Mortalität wurden zuverlässig mit ungünstiger Ernährung assoziiert. Ein Blick in die Forschungsliteratur zeigt jedoch, dass nicht alle Bevölkerungsgruppen im selben Ausmaß von Fehlernährung betroffen sind. Es gilt als gut fundiert, dass sich Personen mit niedrigem Sozialstatus häufiger ungünstig ernähren als Personen aus höheren Statusgruppen, was folglich zur Ungleichverteilung von Gesundheitschancen beiträgt. Zur Darstellung der aktuellen Befundlage werden in diesem Beitrag ausgewählte Übersichtsarbeiten und Meta-Analysen zur sozialen Ungleichheit im Ernährungsverhalten aufgegriffen. Die Situation im Hinblick auf soziale Unterschiede wird zudem speziell für Deutschland anhand von aktuellen Zahlen aus der Nationalen Verzehrstudie II beleuchtet. Weiter werden die vielfältigen Ursachen statusspezifischer Ernährung unter Rückgriff auf aktuelle Forschungsergebnisse beschrieben. Dabei wird deutlich, dass sozioökonomische und strukturelle Benachteiligung (z. B. Armut, Wohnen in deprivierten Gebieten) sowie ungünstige Faktoren aus der psychosozialen (z. B. fehlendes Ernährungswissen, wenig Unterstützung) und soziokulturellen Umwelt (z. B. ungünstige Ernährungstraditionen) die Ernährungsgewohnheiten sozial Benachteiligter nachhaltig beeinflussen. Interventionen zur Förderung der Ernährungsqualität in niedrigen sozialen Schichten sollen einerseits die Vielfalt der ungünstigen Einflüsse auf die Ernährung bedenken und andererseits Kriterien guter Praxis der Gesundheitsförderung einhalten. Anhand von drei exemplarischen Interventionen wird dargestellt, welche konkreten Maßnahmen zur Reduktion sozialer Ungleichheiten im Ernährungsverhalten denkbar sind.

Malnutrition is unhealthy: obesity, type 2 diabetes, cardiovascular diseases, some cancers, and premature mortality are reliably associated with poor nutrition. However, literature reveals that some population groups are at higher risk of poor nutrition than others. More specifically, evidence shows that people with low social status are more likely to have poor nutrition than those with higher status, what may contribute to health inequalities. In this article, selected reviews and meta-analyses on social inequalities in nutrition are presented. By showing current data from the Second National Food Consumption Study, the situation in Germany is highlighted. Further, potential causes of social inequalities in nutrition are discussed, drawing on the results of current research. More specifically, socioeconomic and structural deprivation (e.g., poverty, living in deprived neighborhoods) in addition to unfavorable psychosocial (e.g., poor knowledge of nutrition, low levels of social support) and sociocultural factors (e.g., unfavorable nutritional traditions) might be associated with poor nutrition in people with low social status. Interventions promoting nutritional quality in disadvantaged groups should take into account the various influences on nutrition and meet good practice criteria for health promotion. Using three examples of interventions, conceivable concrete measures that can reduce social inequalities in nutrition are presented.