. Ziel: Ziel der vorliegenden Arbeit war es zu prüfen, inwieweit unter dem Einfluss verschiedener Frontengstände ein Erkrankungsrisiko für die untere Frontzahnregion besteht und ob in Relation zum Ausmaß des Engstandes eine Zuordnung zu einem Risikopotenzial gegeben ist.
Patienten und Methode: Anhand einer klinischen und modellanalytischen Untersuchung wurden unter besonderer Berücksichtigung von Alter und Geschlecht bei 125 erwachsenen Patienten (63 Frauen, 62 Männer) der Abrasionsgrad, der individuelle Befall an Zahninfraktionen und -frakturen, Karies, Gingivitis, Parodontitis und Gingivarezessionen klinisch bestimmt (WHO-OHS-Methodik) und unter Darstellung der Erkrankungshäufigkeiten der Zusammenhang mit den jeweils berechneten Engständen aufgezeigt. Die Engstandserfassung erfolgte auf der Basis der Segmentbogenanalyse nach Lundström [29]. Neben der Beurteilung des Gesamtkollektives wurden die Untersuchungsergebnisse der Altersgruppen 18–34 Jahre (n = 63) und 35 Jahre und älter (n = 62) ausgewertet.
Ergebnisse: Es lagen keine geschlechtsspezifischen Unterschiede zwischen den Engständen der Frauen und Männer vor. Die Patienten ab dem 36. Lebensjahr hatten einen signifikant höheren Engstand. Die Erkrankungen nahmen in Abhängigkeit vom Patientenalter zu. Abrasionsgrad und individueller Kariesbefall ließen sich nicht auf das Ausmaß des Engstandes zurückführen. Demgegenüber wurden in der Gesamtpopulation Unterschiede im Engstandsausmaß für Zahninfraktionen (p < 0,001), Zahnfrakturen (p = 0,004), gingivale Blutungen (p = 0,022), flache parodontale Taschen (p < 0,001) und für Gingivarezessionen über 3,5 mm (p < 0,001) ermittelt. Bei den jüngeren Patienten ergab sich eine Abhängigkeit zum Ausprägungsgrad des Engstandes für Zahninfraktionen (p < 0,017) und Zahnfrakturen (p = 0,036), bei den älteren Patienten für flache parodontale Taschen (p < 0,001) und für Gingivarezessionen über 3,5 mm (p < 0,001). Die Erkrankungshäufigkeiten bei nahezu physiologischen Engständen (Engstand bis 2 mm, n = 31) wurden denen bei hochgradigen Engständen (Engstand ab 5 mm, n = 30) gegenübergestellt. Bei Engständen ab 5 mm lag die Prävalenz für Gingivitiden und Zahninfraktionen bei 100%. Flache parodontale Taschen traten dreimal häufiger und Gingivarezessionen über 3,5 mm zwölfmal häufiger auf. Die Präsenz tiefer parodontaler Taschen ließ sich nicht auf den Ausprägungsgrad des Engstandes zurückführen.
Schlussfolgerung: Im Hinblick auf die multifaktorielle Genese für das Erkrankungsrisiko der Zahnhartgewebe und des Parodonts stellt der Frontengstand über 3 mm (Schwellenwert) als individueller „Wirtsfaktor“ ein additives Risikopotenzial für chronisch verlaufende Entzündungsprozesse dar, deren Folgen sich erst im höheren Patientenalter manifestieren. Daraus resultiert eine medizinische Behandlungsindikation im Rahmen präventiv orientierter Behandlungsstrategien.