Die Soziologie hat sich seit ihren Anfängen notorisch schwer damit getan, ein von Vorurteilen freies Verständnis der Marktvergesellschaftung zu entwickeln. Teils mag dies mit ihren konservativen, antiaufklärerischen Ursprüngen zusammenhängen, teils mit ihrer mangelnden Abdichtung gegen lebensweltliche Einflüsse, die immer wieder dazu führt, dass populäre Vorurteile in ihr auf einen fruchtbaren Boden fallen. Jedenfalls stoßen Auffassungen, dass der Gang der modernen Gesellschaft „pathologisch” sei (Tönnies 1935, S.XXIII), dass die Einkommensverteilung höchst ungerecht und die Ökonomie, um ein aktuelleres Beispiel zu wählen, ein wahrer „Terror” (Forrester 1997) sei, in ihr viel eher auf Widerhall als etwa in der Nachbardisziplin der Wirtschaftswissenschaften. Die stärkere Abschottung der Wirtschaftswissenschaften gegen eine populäre Kritik am Marktliberalismus gründet wahrscheinlich nicht nur in Voreinstellungen, die der Soziologie fremd sind, sondern auch in ihrer strikteren Orientierung an fachimmanenten Standards. Dies möchte ich hier nicht weiter vertiefen. Anders als die Wirtschaftswissenschaften, für die der Markt Modellcharakter hat, ist die Soziologie (jedenfalls dort, wo sie sich auf grundsätzliches Terrain begibt), insgeheim wohl immer noch am Ideal der Gemeinschaft einerseits, der staatlichen Planung und Fürsorge als höchstem Ausdruck des Gemeinschaftshandelns andererseits orientiert. Die Ausrichtung auf die Gemeinschaft ist ihr von ihren Gründungsvätern Tönnies und Durkheim mit auf den Weg gegeben worden. Der Idee, dass auch der Markt ein idealer Zustand sein kann, steht das Fach eher fremd gegenüber. Belege hierfür finden sich nicht nur bei den gesellschaftstheoretischen Vorläufern (z.B. Marx und Engels), sondern auch und gerade bei den akademischen Gründungsvätern der Soziologie zuhauf.