Nimmt die Einkommensungleichheit weltweit zu? Politisch bewegte Zeitgenossen neigen dazu, die Titelfrage dieses Kapitels mehr oder weniger umstandslos zu bejahen. Dass die Kluft zwischen arm und reich zunehme, ist mittlerweile zu einer stehenden Redewendung geworden, die sich in zahlreichen Dokumenten und Verlautbarungen wiederfindet. Zu dieser Auffassung neigen die christlichen Kirchen, linke politische Gruppierungen, die Gewerkschaften und nicht zuletzt die Grünen. Auch der Schuldige an dieser Entwicklung ist schnell ausgemacht. Die wirtschaftliche Globalisierung gilt weithin als eigentliche Ursache der wachsenden Kluft zwischen armen und reichen Ländern. Mit dieser Zurechnung der vermeintlich wachsenden Ungleichheit zur Globalisierung beschäftige ich mich im Folgenden nicht, so reizvoll diese Aufgabe auch wäre. Wer sich mit der Frage, ob Globalisierung die treibende Kraft wachsender Ungleichheit ist, näher befasst, wird recht schnell darauf stoßen, dass vermutlich weniger die Globalisierung, als vielmehr der Ausschluss von ihr einen immer tieferen Keil zwischen die armen und reichen Länder treibt. Vor die Erforschung der Ursachen muss indes die Feststellung der Tatsachen treten.